
Mit einem kleinen Wort haben Stella und Fabian bekräftigt, dass sie zusammengehören und das Leben miteinander teilen wollen. Und ich durfte dabei sein und die freie Trauung leiten. Es war einmalig! Nicht nur, weil Wissenschaft im Spiel war....
Das Brautpaar hatte im Vorfeld den Wunsch an mich herangetragen das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ gemeinsam zu singen. Ich war erst einmal überrascht: ein kirchliches Lied bei einer nicht-kirchlichen Trauung? Und zugegebenermaßen war ich zuerst überfordert: ein Weihnachtslied im Sommer? Aber kaum ein anderes christliches Lied drückt so viel echte Stimmung aus. Denn es geht um Begeisterung, aber auch um Tiefe und Ernst. Es geht um Hoffnung, um die Freude darüber, was da noch kommen mag.
Eine blühende Rose mitten in Zeiten der Kälte wurde zu einem Symbol für die Hoffnung. Dies sind die Bilder, die wir Menschen brauchen. Die Wurzel, die scheinbar abgestorben ist, erblüht von Neuem. Die Rose ist ein Zeichen dafür, dass wir mutig bleiben und nicht aufgeben sollen, auch wenn es mal schwierig wird. Auch in einer Ehe wird es immer wieder Situationen geben, in denen wir einer Krise ausgeliefert sind. Gerade dann bedarf es an Fürsorge und Liebe füreinander. In der Ehe verhält es sich genauso wie im Lied: Eine Rose kann in schwierigen Zeiten erblühen. Jeder Tag des Lebens ist eine Chance zum Wachsen in der Liebe. Wenn wir aufeinander Acht geben, dann ist die Rose ein Zeichen für Hoffnung, Liebe und Glück.

Was hat das Ganze mit Wissenschaft zu tun? Zunächst einmal hatte es mit dem Brautpaar zu tun: So voller Lebensfreude und dabei beeindruckende Experten auf ihren Gebieten. Die Leidenschaft zur Naturwissenschaft und die Liebe miteinander zu verbinden war meine ganz persönliche Herausforderung.
Auch wenn sich die Liebe niemals mit den Mitteln der Naturwissenschaft ergründen lässt, bleibt vieles unerklärlich. Wenn zwei Menschen zusammenfinden, entsteht etwas Größeres, entsteht eine Kraft, die weit mehr ist als die reine Addition zweier schlagender Herzen. In einer Ehe begegnen einem eine Reihe von Situationen, in denen es nicht um rationales Denken oder um überzeugende Argumente geht, sondern um Emotionen und damit letztlich um etwas Unerklärliches.

Nach langer Recherche kam mir die Idee: Ein wissenschaftliches Experiment während der Trauung, mit welchem das Brautpaar die Liebe füreinander ausdrücken könnte – das wäre ein passendes Trauritual. Also warum nicht die Rose (aus dem Wunschlied des Paares) mit Thermodynamik von Neuem erblühen zu lassen? Während der Zeremonie durfte das Brautpaar gemeinsam eine Rose von Jericho mit heißem Wasser übergießen. Was normalerweise eine Woche dauert, schafften wir in zwei bis drei Minuten. Die heiße Flüssigkeit beschleunigte den Prozess des Öffnens der Pflanze und die Rose erblühte in minutenschnelle. Natürlich mit Thermodynamik! Das Experiment war geglückt und ein Trauritual entstand auf ganz persönliche Weise.
Bevor die Rose zum Trocknen ausgelegt wurde, sollte das Brautpaar die vorgetragenen Gelübde in schriftlicher Form in einem Reagenzglas verschließen und diese auf die erblühte Rose legen, sodass diese die Gelübde beim Trocknungsvorgang umschließen konnte. Die persönlichen Worte des Paares konnten so sicher verschlossen und aufbewahrt werden. Vielleicht bis zum ersten Hochzeitstag… Denn die Rose kann mit der Zugabe von Wasser wieder neu erblühen und die Gelübde freilegen. Eine bildhafte Erinnerung an diesen besonderen Tag war geschaffen. Die Rose versinnbildlicht so über Jahre der Ehe hinweg Hoffnung, Stärke und Treue, weil sie auch die schwierigsten Zeiten überwindet und erblühen kann.

Die Zeremonie war einmalig, denn die individuellen Wünsche des Brautpaares, vom Liedwunsch über die Rose bis hin zur Wissenschaft und Liebe, ergaben plötzlich einen roten Faden, der durch die ganze Trauung führte. Für mich persönlich waren aber die Gelübde des Brautpaares, die Beiträge der Trauzeugen und die Wünsche der Brauteltern am Eindrucksvollsten. Es sind die Menschen, die die Feier unvergesslich machen!