Ich sehe was, was du nicht siehst... Das Geheimnis einer langen Beziehung

Was siehst du? Eine Vase oder zwei Gesichter? Und was hat das mit deiner Beziehung zu tun? Wenn du neugierig geworden bist, lies diesen Artikel weiter.

Die Rubinsche Vase ist wohl eines der bekanntesten Kippbilder, die man auf verschiedene Arten interpretieren kann. Es können zwei verschiedene Motive in diesem Bild wahrgenommen werden. Wir sehen dieselbe Sache, aber haben eine unterschiedliche Vorstellung davon, was wir sehen. Genauso verhält es sich zum Beispiel auch in der Ehe: Wir haben ein Bild von Ehe im Kopf, aber die Vorstellung, wie diese ausgestaltet wird, kann sich von jener des Partners unterscheiden. Wir leben zwar in derselben Beziehung, sehen die Dinge aber unterschiedlich oder fühlen anders. Was wahr ist, ist allzu oft eine Frage der Perspektive. Wie im Kippbild ist die Liebe nichts Statisches. Perspektiven, Vorstellungen und Gefühle können sich ändern. Das macht das Ganze so kompliziert, aber auch spannend.

 

In der Beziehung sind eure Perspektiven gleichberechtigt. Überzogene Ansprüche, Erwartungen und Vorstellungen können leider zu Zweifeln führen. Die eigenen Idealvorstellungen weichen dann von der Beziehungsrealität ab. Diese Spannung kann man nicht beseitigen, entgegen vieler Expertenaussagen muss man dies aber auch nicht. Die Frage ist nur: wie kann Liebe diese Ambivalenz, diese Zerrissenheit von eigenen Idealvorstellungen und Beziehungsrealität aushalten und sogar tragen?

Einer uralten Formel nach lautet das Geheimnis einer langen Beziehung: Arma et fac quod vis.“ (Augustinus; dt.: Liebe und tu, was du willst.) Solange wir lieben, können wir nichts falsch machen. Was bedeutet das?

In der einschlägigen Literatur zu Partnerschafts- und Lebenscoaching gibt es viele Ratschläge und Empfehlungen hierzu, die sich meines Erachtens einer Kopfstandmethode bedienen. Was lernen wir aus Beziehungen, die als (fast) gescheitert gelten? Handlungsempfehlungen werden nun wie beim Kopfstand umgekehrt: Wir müssen versuchen, bewusst nicht mehr nebeneinander her zu leben, übertriebene Erwartungen loszulassen, den Partner wie selbstverständlich zu nehmen, gemeinsame Interessen und Hobbies zu pflegen, Kränkungen, Ärger und Eifersüchteleien mit Hilfe einer konfliktfreien Kommunikation zu verringern, nicht mehr aneinander vorbeizureden und den Verlust von körperlicher Nähe zu vermeiden. All diese Empfehlungen sind sinnvoll und berechtigt. Es klingt so einfach. Warum klappt es dann für viele doch nicht?

Diese Frage kann ich euch nicht beantworten, nur Rückfragen stellen: wieso wird immer alles in schwarz oder weiß eingeteilt? Sind Grauschleier nicht auch mal erlaubt oder muss alles immer perfekt sein? Spielen sich diese Tipps nicht überwiegend auf der rationalen Ebene ab? Was aber, wenn die Emotionen hochkochen? Muss ich meine Erwartungen und Vorstellungen vom Leben loslassen, um Liebe zu erfahren? Wie schmal ist der Grad zwischen Autonomie und Hingabe? Was, wenn sich bereits Gleichgültigkeit in die Beziehung geschlichen hat? Und warum gibt es Paare, die trotz unterschiedlicher Interessen eine lange liebevolle Ehe pflegen?

Langjährige Beziehungen basieren auf Vertrauen und Sicherheit. Wenn ihr euch in- und auswendig kennt, alles vertraut und vorhersehbar ist, dann könnt ihr gut nachvollziehen, was Paolo Coelho mit folgendem Zitat meint: „Wenn alle Tage gleich sind, dann bemerkt man auch nicht mehr die guten Dinge, die einem im Leben widerfahren.“ Gerade der erste Teil des Zitats lehrt uns meiner Meinung nach was Liebe ist.

 

Wir müssen gegen die Macht der Gewohnheit ankämpfen. Hinter einer liebevollen Beziehung stecken nicht nur große Gefühle, sondern auch die Fähigkeit, jeden normalen Tag miteinander glücklich zu sein. Das ist mühsam, denn es braucht dazu den Willen, die Beziehung gut zu führen. Wenn mir der andere nicht egal ist, dann richte ich mein Handeln danach aus. Ich kann auch seine Perspektive (wie im Kippbild) verstehen und neben meiner gleichberechtigt stehen lassen. Oft ist es der Blickwinkel, die Perspektive und der Standpunkt, den man verändern muss, um eine neue Sicht auf die Dinge zu erhalten. Wenn mir der andere wirklich wichtig ist, dann bin ich für diese Veränderung bereit. Ich sehe die Sache vielleicht anders, aber die andere Perspektive ist mir nicht egal. Wenn wir so lieben, dann machen wir nichts falsch. Genauso wie in der Formel: Arma et fac quod vis!

Fazit: Wie lüftet man das Geheimnis einer langen Beziehung? Die Formel "Arma et fac quod vis." lehrt uns, dass Liebe nicht nur auf bloßen Handlungsempfehlungen beruht, sondern auf Vertrauen, dem Willen zur Arbeit und der Bereitschaft zum Perspektivenwechsel. Wie du den Zauber deiner Liebe erhalten kannst, erfährst du auch hier.